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Deutsch-russisches Projekt / Massenmedien und Toleranz / Arbeiten der Wettbewerbsteilnehmer Nikitin Sergej Petrovich "Er zeichnet seine Kriegskindheit"
„Oblastnaja Gaseta“ vom 21.05.2005.
Rubrik "Lebe und erinnere dich"
Haben Sie jemals Kiefern im Sumpf gesehen? Der übermäßig feuchte und kalte Grund gibt keine ausreichende Nahrung, Wurzeln wachsen nicht in die Tiefe, und die Bäume sind hier niedrig und kränklich. So sehe ich Kinder, die Kriegswaisen sind. Die keine elterliche Wärme bekommen haben, die mit Hunger, Kälte und aufzehrender Arbeit aufgewachsen sind, sie sind auch nicht groß und früh von der Arbeit abgenutzt. An ihre Kinderstube erinnern sie sich mit Tränen. Es war keine Kindheit - der Krieg hat sie zertreten, das Schicksal sie gebrochen.
Die Erzählungen "der Kinder des Krieges", insbesondere der aus dem Maridorf Juwa stammenden Saskawija Prochorowa und Nikolaj Iwatschew und des Jekaterinburgers Etschik Barzew, gleichen einander: "alle haben so gelebt". Notgedrungen hat man den Eindruck, dass auf dem Land zum Beispiel die Steinzeit wieder aufgelebt ist: man lebte vom Beeren-, Pilze-, Früchte- und Vogeleiersammeln und fing Fische. Man aß Sauerampfer, Brennnessel, Mörserkeulen des Schachtelhalmes. Man sammelte auf den Feldern die vorjährigen Kartoffeln, reinigte sie von der Erde und buk Fladen daraus, man grub sogar Saatkartoffel unter den wachsenden Büschen aus. Die Frauen haben ihre Gemüsegärten selbst gepflügt.
Die Entbehrungen, die von den Leuten im Namen des Sieges, im Namen der Zukunft durchgemacht wurden, finden sich in den Erinnerungen auf den Seiten von Zeitungen und Büchern wieder, in Gedichten und Liedern. Bei E. Barzew fanden sie sechs Jahrzehnte später in Bildern ihren Ausdruck. Eines von ihnen - "Die neue Ernte", auf dem eine Mutter mit ihrem Sohn Korn mit der Handmühle mahlen. Im Hintergrund des Bildes: ein Trog mit Ähren.
Das ganze gewachsene Korn wurde in Getreidespeicher gebracht, die Schüler sammelten die Ähren - es gab die Losung: "Die Ernte wird bis zur letzten Ähre eingefahren". Aber sie brachten es fertig, einen Teil zu unterschlagen. Zum Beispiel ließen sie etwas auf den Feldern, um es später dann, für sich zu holen. Dafür schämte man sich nicht, das wurde nicht für Diebstahl gehalten. Dafür hatte man ein paar Tage Brei zu essen. Mein Vater erzählte, dass noch während der Saat auf den Feldern Hamsterhöhlen markiert wurden, und im Herbst, nach der Ernte, wurden die Höhlen geöffnet und aus der "Vorratskammer" bis zu einem Pud erstklassigen Kornes geholt - Weizen extra, Roggen extra, Gerste, Hafer, Erbsen.
Noch ein Bild: "Der Höhepunkt des Flößens". In der Kriegs- und Nachkriegszeit wurden Schüler zum Flößen herangezogen, als man im Laufe von einigen Tagen die Balken aus den Stapeln ins Hochwasser werfen und sie über die Grenzen seines Bereichs begleiten musste. Sie schliefen auf Pritschen in einer Baracke, bekamen zu essen, Handschuhe, Werkzeug wurden zur Verfügung gestellt, einigen sogar Stiefel.
Die Bewohner des Dorfes Bugalysch holzten den Wald in der Siedlung Sargaja ab (wo später der Film "Schatten verschwinden mittags" gedreht wurde), von ihnen leben heute noch Willhelm Komissarow und Anjuschka Nurajewa. Semjon Jelajew erinnert sich an die Kriegsgefangenen Deutschen: "In Mänteln und Holzschuhen. Wenn wer auf der Waldparzelle starb, wurde ein Gebet für ihn gelesen und er wurde gleich hier, im Schnee begraben".
Ich kann nicht umhin und frage Etschik Alexandrowitsch: "Erinnern Sie sich an den Tag des Sieges?". " Nein. Ich erinnere mich nicht. Aber an die Beerdigungen Stalins erinnere ich mich. in der Schule wurde eine feierliche Versammlung veranstaltet, und einige Lehrerinnen machten sich mit Spucke die Augen feucht. Wir weinten nicht, wir verstanden, was passiert war."
Etschik Alexandrwoitsch wurde 41 fünf Jahre alt. Der Vater ist zu Beginn des Krieges umgekommen, fast sofort danach sind die Mutter und zwei Kinder gestorben. Aber fünf sind übrig geblieben! Der Älteste war zwölf, der Jüngste drei. Mit den letzten Kräften wurde eine Kuh gehalten, die mit einer Steuer belegt war, deshalb musste man die Butter abgeben. (Ich wurde an die Erzählung einer Bewohnerin von Werchnjaja Bugalyscha, der Tochter eines Frontkämpfers, Toni Nikolajewa erinnert: "An einem Herbstmorgen trage ich barfuß die Milch zur Annahmestelle. Das kalte Gras macht den Füßen weh, ich gehe auf den Weg über, aber ist dennoch kalt, und ich konnte es nicht mehr aushalten, hab mich hingesetzt und auf die Füße uriniert, um sie zu erwärmen.“
Aber kehren wir zu Etschik Barzews Erinnerungen zurück: "Die Kleidung wurde aus abgelegten Sachen der Eltern umgenäht. Nach dem Krieg wurde den Waisen amerikanische Hilfe ausgeteilt, heute würde man Second Hand dazu sagen. Aber als ich in den zivilen Hosen und dem Jackett in die Bezirksabteilung für Volksbildung kam und ins Kinderheim wollte, haben sie mich verjagt, weil sie mir nicht glaubten, dass ich eine Waise bin. Geldzuwendungen wurden auch ausgegeben, aber nicht vollständig - die Leute "an der Futterkrippe " vergaßen sich nicht.
Aber der Vater hat uns auch nach dem Tod geholfen. 46 haben ich und mein Bruder eine Pferdeherde auf dem Land gehütet. Nach Abschluss der Saison hat jeder Hof für die Arbeit Korn gegeben. Es war ein ganzer Leiterwagen voll Säcke zusammengekommen, und die Kolchosbauern waren neidisch. Haben uns nichts bezahlt. Dann habe ich einen Brief an die Kolchose geschrieben, worin ich mich für die Lage der Familie Barzew interessiert habe. Ich habe mit dem Namen des Vaters unterschrieben, die Handschrift gefälscht. Da er ein Mitglied des Vorstands gewesen ist, war seine Handschrift bekannt und dem Brief wurde geglaubt. Der Vorsitzende der Kolchose hat uns das verdiente Korn persönlich gebracht.
Die Atmosphäre im Dorf war bedrückend, weil im Laufe der Kollektivierung der Bruder gegen den Bruder vorging, einige waren Einzelbauern geblieben, auf die Arbeitseinsätze in der Kolchose wurde nichts gegeben. Alle meine Geschwister haben das Dorf Kugu Tschaschkajal verlassen, haben die Mari-ASSR verlassen.
Etschik Alexandrowitsch hat Holz für die Gasgeneratoren gespalten, Wald im Bett des Wasserkraftwerkes Tscheboksary gefällt, Neuland erschlossen, Kinder in der Schule unterrichtet, Uralmasch aufgebaut, im Projektbüro gearbeitet, stellte Maschinen in der Krupskaja-Fabrik ein. Er hatte sich an der Kunstschule, der Pädagogischen Schule, an der Uraler Staatsuniversität um einen Studienplatz bemüht, hat aber die Mechanisierung-Berufsschule, die Maschinenbaufachschule und Kurse am UPI beendet. "Ich lernte nicht dort, wo ich wollte, sondern dort, wo ich ein Dach über dem Kopf und ein Stück Brot hatte. Niemand hat mir geholfen, ich habe den Verwandten selbst helfen müssen. Die Jugend verbrachte ich in Uniform - in der der Berufsschule und einer Soldatenuniform: eine - auf die Arbeit, die zweite - nach der Arbeit ".
Dann, als der Sohn herangewachsen war, ist die Familie aus der Baracke in eine Wohnung umgezogen, er begann sich für Reisen zu begeistern. Und schon dreißig Jahre gondelt er jedes Jahr durch Russland, durch das Uralgebirge, auf der Tschusowaja, durch den Norden. Auf dem Paddelboot und dem Fahrrad, zu Fuß und auf Skiern, zu jeder Jahreszeit: "Für mich ist das Wesentliche das, was mich umgibt, das, was hinter der Biegung kommt. Der Weg macht trunken, ich entferne mich von allem. Ringsumher - die örtlichen Geister, die den Reisenden behüten, wenn man sich ihnen gegenüber mit Achtung verhält. Ich benutze niemals einen Kompass."
Ich höre zu, und mir scheint es, dass Etschik Alexandrowitsch seine gestohlene Kindheit sucht. Er sucht jene Glückseligkeit, die das kreischende Kind spürt, wenn der Vater es hochwirft. Er will empfinden, wie sich die Erde entfernt und die Welt sich verändert, wenn wir zum ersten Mal auf den väterlichen Schultern sitzen. Im Rauschen des Flusses und der Blätter ein Märchen der Mutter hören. Er zeichnet mit der besonderen Liebe Kinder.
In einem Nachkriegslied wurde darüber gesungen, dass sich der Bub Iwan aus Smolensk irgendwo herumtreibt. Der Krieg hat das Haus zerstört, die Kindheit gestohlen, und als Ersatz nichts gegeben. So ist es bei allen "Kindern des Krieges". Aber sie sind nicht schwache Kiefern, die den Wind fürchten. Sie sind wie die Zeder, die auf dem Gebirgsgrat Basegi wächst, und von Etschik Alexandrowitsch gezeichnet wurde. "Sie ist mächtig, voller lebenswichtiger Energie. Aber sehen Sie mal, wie sie wächst! Passt sie sich an? Kriecht die Zeder? Nei-i-in! Die Zeder ist klug! So muss man es machen, leben trotz der Umstände".
Nur so, wie unsere Väter und Mütter lebten, - trotz der Schwierigkeiten, müssen auch wir leben! Wir müssen leben!
Nikitin Sergej Petrovich
Übersetzung aus dem Russischen durch Herrn Alexander Kahl
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