Deutsch-russisches Projekt / Interethnische Beziehungen, Migration und Integration / INTEGRATIONSPOLITIK Übersicht zentrale Integrationsindikatoren
Integrationsindikatoren lassen sich in vier wesentliche Bereiche unterteilen: (siehe auch Heckmann, Europäisches Forum für Migrationsstudien: www.uni-bamberg.de).
1) Strukturale Integration (Bildung, Arbeitstätigkeit, Aufenthaltsstatus, Wohnen, Zugang zu Leistungen…)
2) Kulturelle Integration (kulturelle Präferenzen, Sprache, moralische Einstellungen, Religiosität, kulturelle Praktiken)
3) Soziale Integration (Partnerschaften, Freundschaften, soziales Engagement, politische Partizipation)
4) Identifikatorische Integration (Zugehörigkeitsgefühl, Selbstdefinition…)
Die Indikatoren zielen dabei einerseits auf die Migranten/Zuwanderer selbst andererseits auf die Institutionen, welche die Integration unterstützen, fördern und ermöglichen sollen. Zentrale Indikatoren in diesen Bereichen sind u.a.
Individuell bezieht sich dabei auf den einzelnen Migranten und institutionell auf die Aufnahmegesellschaf bzw. den Aufnahmestaat. Integration wird bei dieser Bildung von Indikatoren als Leitung der Migranten und des Aufnahmestaates bzw. der Aufnahmegesellschaft gesehen.
1) Strukturale Integration:
Individuelle Charakteristika und Registrierung: - Jahr der Einwanderung - Herkunftsland - Rechtlicher Status bei der Ankunft/jetziger rechtlicher Status - Geburtsort - Nationalität (und Nationalität Mutter/Vater) - Doppelte Staatsbürgerschaft - Einbürgerungsrate
Familienstruktur: Individuell: - Anzahl der Generationen in einem Haushalt - Anzahl der Kinder in einem Haushalt - Alter der Eltern - Migranten mit einem Partner im Herkunftsland - Migranten mit Kindern im Herkunftsland - Prozentsatz der interethnischen Heiraten - Inanspruchnahme von Familienhilfe und Erziehungshilfen
Bildung bezogen auf Kinder und jugendliche Migranten: Individuell: - Teilnahme an Kindergarten - Besuch Vorschule - Besuch der unterschiedlichen Schultypen - Erreichter Bildungsabschluss - Abbrecherquoten - Teilnahme an Berufsausbildung - Aufnahme eines Universitätsstudiums Institutionell: - Erhalt von Unterstützung in Bezug auf Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit - Unterstützung in Bezug auf das Lernen der Sprache im Aufnahmestaat - Spezielle Unterstützung von Migrantenkinder, die erst später (in einem höheren Alter) die Schule besuchen - Vorhandene Unterstützungsmaßnahmen bei der Arbeitsmarktintegration
Arbeitsmarktintegration: Individuell: - Qualifikation im Herkunftsland - Beschäftigungsniveau - Arbeitslosenrate - Verteilung nach Arbeitsmarktsektoren (Agrikultur, Dienstleistung und Industrie/Produktion) und Arbeitsmarktbereichen - Beschäftigung im öffentlichen Dienst und Verwaltung - Arbeitsstunden pro Woche - Teilnahme an Weiterqualifizierung und Trainingsmaßnahmen - Netto Einkommen - Staatliche/öffentliche Leistungen als Einkommen Institutionell: - Vorhandensein von spezifischen Trainingsprogrammen für Migranten - Beratung zur Arbeitsmarktintegration von Migranten - Vorhandensein von Integrationsprogrammen Armut und Wohlfahrt: Individuell: - Konsumverhalten - Freizeitverhalten - Einkommen pro Kopf - Verschuldung des Haushalts - Inanspruchnahme von Sozialleistungen Institutionell: - Vorhandensein spezifischer finanzieller Unterstützungsprogramme für Migranten
Wohnen: Individuell: - Besitz von Eigentum - Miete von Wohnungen - Niveau der Wohnungsausstattung - Wohnkosten - Qualität der Wohngegend nach sozialen Charakteristika Institutionell: - Vorhandensein von vergünstigtem Wohnraum für Migranten - Zugang zu Unterstützung bei Wohnkosten
Gesundheit: Individuell: - Selbsteinschätzung der Gesundheit - Nachfrage nach Vorsorgemaßnahmen - Rate der Physischen Krankheiten (z.B. Daten von Krankenversicherung) - Psychische Krankheiten - Behinderung Institutionell: - Vorhandensein von Informationen über das Gesundheitssystem - Vorhandensein von Muttersprachlern oder Dolmetschern im Gesundheitssystem - Vorhandensein von medizinischen Personal mit Migrationshintergrund
2) Kulturelle Integration
Sprache: Individuell: - Selbsteinschätzung der Sprachkenntnisse - Objektive Bewertung der Sprachkenntnisse (z.B. Zeugnisse, Testergebnisse) - Rate des Besuchs an Sprachkursen - Sprache die zu Hause gesprochen wird - Sprache in der die Kinder erzogen werden - Rate von Zwei bzw. Mehrsprachigkeit Institutionell: - Vorhandensein von adäquaten Sprachkursen - Zugang zu Sprachkursen (z.B. Kinderbetreuung, finanzielle Unterstützung) - Vorhandensein von Integrationsprogrammen
Kulturelle und moralische Normen: Die Indikatoren in diesem Bereich sind flexibel und hängen von der jeweiligen gesellschaftlichen Situation ab. Meist handelt es sich um Indikatoren zur kulturellen bzw. moralischen Einstellung von Migranten. Z.B. Rate der Migranten welche die Zwangsheirat nicht ablehnen, Rate von Migranten die Homosexuelle Ablehnen, Rate von Migranten die gegen Trennung von Staat und Kirche sind
Religion: - Ausmaß und Diversität von religiösen Organisationen und religiösen Orten (z.B. Moscheen, Synagogen) - Rechtliche Anerkennung und Gleichheit von religiösen Gemeinschaften - Maß der Religiosität
Medien: Individuell: - Mediengebrauch von unterschiedlichen Medien (Zeitung, Radio, Fernsehen etc.) - Sprache in der Medien genutzt werden - Gründung eigener Medien Institutionell: - Personal mit ethnischen Hintergrund in Medien - Darstellung von Migranten und Migrations- u. Integrationsereignissen in den Medien - Vorhandensein von Medien in der Sprache der Migranten
3) Soziale Integration
Politische Partizipation: Individuell: - Wahlbeteiligung - Beteiligung an Parteien und Gründung eigener Parteien - Beteiligung an Gewerkschaften und anderen politischen Gruppen - Politische Einstellungen - Beteiligung an Migrantenorganisationen Institutionell: - Zugang zu lokalen, regionalen oder nationalen Wahlen - Unterstützung bei der Gründung von Migrantenorganisationen
Soziale Partizipation: Individuell: - Soziale Kontakte im privaten Umfehlt (ethnische/interethnisch) - Soziale Kontakte im öffentlichen/beruflichen Umfeld (ethnisch/interethnisch) - Teilnahme an Sportvereinen oder andren Vereinen - Gestaltung der Freizeit - Teilnahme an Integrations- oder Orientierungsprogrammen Institutionell: - Vorhandensein von Integrations- oder Orientierungsprogrammen - Sensibilisierungskampagnen und Toleranzprogramme für die Mehrheitsbevölkerung - Maßnahmen zu interkulturellen Öffnung von öffentlichen Stellen und Behörden
Kriminalität Individuell: - Kriminalitätsrate nach Verbrechensarten - Teilnahme an Präventionsmaßnahmen - Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen Institutionell: - Vorhandensein von Präventionsmaßnahmen - Vorhandensein von Rehabilitationsmaßnahmen
Diskriminierung/Rassismus: Individuell: - Erfahrung von Rassismus oder Diskriminierung - Rate/Anzahl von registrierten rassistischen Verbrechen - Rate/Registrierung von ethnischer Diskriminierung Institutionell: - Vorhandensein anti-rassistischer und Anti-Diskriminierungsprogrammen
4) Identifikatorische Integration
Individuell: - Gefühl Mitglied des Aufnahmelandes oder des Herkunftslandes zu sein - Identifikation mit dem Aufnahmeort oder dem Herkunftsort
Institutionell: - Bestätigung das das Land ein Einwanderungsland ist
Alle Indikatoren können dann noch nach Geschlecht, spezifischer Zuwanderergruppe, Alter etc. getrennt dargestellt bzw. kombiniert werden.
Diese Indikatoren werden teilweise aus amtlichen Statistiken oder aus speziellen Umfragen abgeleitet. Dabei sind die wichtigsten Quellen (siehe auch ausführliches Papier zu statistische Quellen im Bereich der Integration).
Indikatoren sind teilweise nur im Vergleich zur Mehrheitsbevölkerung oder nach unterschiedlichen ethnischen Gruppen getrennt dargestellt sinnvoll. Darüber hinaus ist es hilfreich Indikatoren über einen längeren Zeitraum hinweg zu betrachten, da nur dann erkannt werden kann wie aussagekräftig die Indikatoren sind bzw. wie sie genau zu interpretieren sind. Sinnvoll ist es darüber hinaus unterschiedliche Indikatoren zu kombinieren.
Insgesamt sind Indikatoren aber nur ein Hilfsmittel Aussagen über Integration zu treffen und Probleme im Bereich der Integration zu benennen. Sie können detaillierte qualitative Untersuchungen in diesem Bereich und den konkreten Dialog mit den verschiedenen Zielgruppen zum Thema Integration nicht ersetzen.
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