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Anschub für "nationalen Integrationsplan"


Mehr als 80 Teilnehmer sollen heute im Kanzleramt einen "Nationalen Integrationsplan" vorbereiten. Für Diskussion sorgte im Vorfeld vor allem die Frage, wer nicht eingeladen wurde. So klagen die großen Muslim-Verbände über Nichtbeachtung.

Wie oft und wie lange werden die mehr als 80 Teilnehmer, die der Einladung der Kanzlerin zu ihrem Integrationsgipfel folgen wollen, eigentlich zu Wort kommen? Vier Stunden will man schließlich nur zusammen sitzen - da bleibt rein rechnerisch nicht viel Zeit für den Einzelnen, seine Sicht der Dinge darzustellen.

Die Staatsministerin Maria Böhmer (CDU), Integrationsbeauftragte der Kanzlerin im aufgewerteten Ministerrang, bleibt bei solchen Einwänden cool. Der Gipfel sei nicht einmalig, sagt sie, und schon gar keine Show, wie manche der Veranstaltung bereits im Vorfeld attestierten. Stattdessen gehe die große Koalition mit diesem Gipfel eines ihrer Kernthemen an: die Integration hier lebender Migranten. Böhmer: "Das Ziel ist, alle gesellschaftlichen Ebenen zusammen zu bringen und dies vor allem mit Migranten gemeinsam zu tun. Damit können wir dem Wort 'gemeinsame, nachhaltige, systematische Integrationspolitik' einen Klang geben."

"Nationaler Integrationsplan" soll kommenSo soll der Gipfel - gewissermaßen als Anschubveranstaltung - dazu genutzt werden, ein einheitliches und gemeinsames Vorgehen von Staat und Gesellschaft voranzubringen. Integration geht alle an und Maria Böhmer hat ihre Absicht bekundet: Gemeinsame Ziele, Maßnahmen und Selbstverpflichtungen sollen in einem "Nationalen Integrationsplan" aufgeschrieben werden.

Schwerpunkte für das Treffen im Kanzleramt werden laut Böhmer folgende Themen sein: "Die mangelnde Beherrschung der deutschen Sprache, Schwächen in Bildung und Ausbildung, die höhere Arbeitslosigkeit unter Migranten", wie sie sagt. Auch gehe es um die fehlende Akzeptanz bestimmter Grundlagen des Zusammenlebens, was sich etwa in der Nichtbeachtung von Frauenrechten ausdrücke.

"Vielfalt bereichert unser Land"Fördern und Fordern - an diesem Grundsatz muss sich nach Böhmers Auffassung die ganzheitliche Integrationspolitik künftig messen lassen. In jüngster Zeit seien erhebliche Defizite bei der Integration deutlich geworden, sagte Böhmer, ohne beispielsweise die Vorkommnisse an der Berliner Rütli-Schule direkt anzusprechen.

Böhmer macht andererseits deutlich: 15 Millionen Menschen mit Migrations-Hintergrund leben in Deutschland. "Viele haben dazu beigetragen, dass wir uns wirtschaftlich entwickeln konnten. Es ist eine Vielfalt entstanden, die unser Land durchaus bereichert", stellt die Integrationsbeauftragte klar.

Kritik an Einladungsliste 

Bei dem Gipfel im Kanzleramt sollen alle Bereiche der Gesellschaft vertreten sein. Politiker aus Bund, Ländern und Kommunen ebenso wie Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und Wirtschaft. Auch die Kirchen und der Zentralverband der Juden und natürlich Zuwanderer- und Migranten-Organisationen sind vertreten.

Kritik, dass zu wenige muslimische Organisationen eingeladen wurden, versucht Böhmer zu entkräften: "Es werden auch Vertreter aus dem Islam dabei sein, aber nicht in dem Umfang, wie es bei der Islam-Konferenz der Fall ist." Die Islam-Konferenz findet gesondert im Herbst statt, und dazu lädt dann Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein.

Auch der Bundespräsident äußerte sich im Vorfeld des Integrationsgipfels. Horst Köhler mahnte, "es wird Zeit, dass wir allen Einwanderern, die sich zu unserem Land und zu unserer Verfassung bekennen, ein Angebot machen, sie mit offenen Armen in unsere Gesellschaft zu integrieren".

Von Axel Graser, SWR, ARD-Hauptstadtstudio Berlin, 14.07.2006

Quelle: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5705782_TYP6_THE_NAV_REF1_BAB,00.html