Deutsch-russisches Projekt / Massenmedien und Toleranz / Deutschlandaufenthalt der Preisträger
Mitte Mai dieses Jahres betraten 4 Uraler „neues Land“. Es waren die Gewinner des Journalistenwettbewerbs „Die Rolle der Massenmedien bei der Entwicklung von Toleranz im Gebiet Swerdlowsk“ Larissa Koslowa, Artur Pogosyan, die Übersetzerin Swetlana Velichko und der Autor des Artikels. Als „Neues Land“ kann auch das Thema „Toleranz“ betrachtet werden und natürlich Deutschland mit seinen unschätzbaren Erfahrungen des harmonischen Miteinanders verschiedener Kulturen, der Integration von Menschen aus aller Herren Länder in die europäische Gesellschaft.
Das Thema „Toleranz“ ist auch für Russland aktuell, denn als Teil Europas ist es unmöglich, sich der dynamisch entwickelnden Welt zu verschließen. Die aktive Beteiligung an den Globalisierungsprozessen bedeutet vollständige Offenheit. Die Ereignisse in Frankreich im letzten Jahr haben die Nachbarn aufmerksam werden lassen und haben Russland gewarnt. Ist alles richtig bedacht, wenn es um das gegenseitige Verständnis und die gegenseitige Achtung von Menschen geht, die eine unterschiedliche Mentalität, ein unterschiedliches Bildungsniveau, verschiedene Sprachen und Religionen haben? War der 200jährige Weg von der Bastille unter der Losung „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ über die Oktoberrevolution mit der Idee des Internationalismus bis hin zu den brodelnden, in Rauch gehüllten Vororten von Paris ein Zurückgehen in die Vergangenheit?
So beginnt mein Artikel, den ich an die Redaktion der Gebietszeitung gesandt habe. Einfach menschlich gesagt, haben sich die Eindrücke der Reise nach Berlin noch nicht gesetzt. Ich bin noch nicht wieder zurück oder besser gesagt, Jekaterinburg ist nicht mehr das gleiche Jekaterinburg für mich wie früher. Ich schaue anders auf die Stadt, auf die sie umgebende Realität; nicht kritisch, sondern mit Mitgefühl.
Ein weiterer Eindruck ist mit den einfachen Menschen verbunden, die ich in Deutschland sah, mit den Bürgern. Sie sind wie wir, nur sprechen sie eine andere Sprache. Alle Veränderungen, die im politischen und sozialen Leben vor sich gehen, betreffen diese Menschen ganz direkt und verschlechtern ihre Lage. Aber die Deutschen haben nicht angefangen zu trinken, von den Problemen davonzulaufen, sich das Leben zu nehmen. Sie arbeiten, um zu Leben, um sich zu erholen. Allerdings bringen sie keine Kinder auf die Welt. Vielleicht weil die Welt so grausam geworden ist?
Die banalen Wahrheiten, ja es ist sauber und ordentlich in Deutschland, aber es stimmt nicht, dass deutsche Frauen nicht hübsch sind. Deutsche Frauen sind auch schön, vor allem die, die auf dem Lande leben. Und die Männer ebenso.
Es sind lebendige Menschen, lustig, emotional und überhaupt nicht pedantisch und trocken.
Ich erinnere mich, wie Ulrich Stewen die Kohlen für den Grill anzündete, es dauerte sehr lange, da man hohe Temperaturen braucht. Unsere Holzkohle brennt sofort und brennt auch schnell nieder, nicht so, wie die deutsche, die „länger anhaltend“ brennt. Ganz ähnlich sind die Charaktere unserer Völker.
Ich habe mich für die Deutschen gefreut, das sie nicht von Extremisten und Radikalen beunruhigt werden, dass heißt, es gibt in diesem Land keine Armen, Beleidigten und Verstoßenen. Wenn in der Gesellschaft Stabilität, Gerechtigkeit und Zukunftssicherheit herrschen, muss man nicht mit patriotischen Flaggen herumwehen und die Leute mit Feindbildern erschrecken. Die Denkmäler und Memoriale lassen die Geschichte nicht vergessen.
Berlin wird zu einem Planeten en miniature – verschiedene Gesichter, verschiedene Kulturen, die friedlich miteinander leben, trifft man auf jedem Schritt. Ich konnte mich erneut davon überzeugen, dass mein kleines Volk der Mari würdig vor diesem Hintergrund aussieht. Wir sind ebensolche Europäer, weil wir nicht auf der Strasse im Laufen essen und trinken. Unsere Lebenshaltung und unsere Verbote sind denen der Deutschen sehr ähnlich. Unsere Sprache klingt nicht schlechter als die, die man in Scheremetewo oder auf den Berliner Strassen hört.
Eines der wichtigsten Worte klingt in drei Sprachen fast gleich: semlya –land – m´lande.
Wenn wir nur eine Mutter-ERDE haben, lohnt es sich Widersprüche auszublasen?
Sergey Nikitin